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Beitrag vom 04.02.2008
Glamour. Das Girl wird feine Dame – Frauendarstellung in der späten Weimarer Republik
Britta Leudolph
Vom 17. Februar bis zum 12. Mai 2008 zeigt das Georg-Kolbe-Museum Gemälde, Skulpturen, Kleider, Fotografien und Zeichnungen unter anderem von Lotte Laserstein, Lotte Jacobi, Tamara de Lempicka...
... Anni Offterdinger, Ernesto de Fiori, Lieselotte Friedlaender, George Hoyningen-Huene, Willy Jaeckel, Leo von König, Jeanne Mammen, Nikolaus Sagrekow, Christian Schad und Yva.
Die "Neue Frau" die in den "Goldenen Zwanzigern" vor allem in Berlin das Gesellschaftsbild bestimmte und sich selbstsicher über tradierte Vorstellungen hinwegsetzte, war ein Novum in der Geschichte. Frauen waren berufstätig und wollten sich in kurzen Kleidern mit weiten Taillen ungehindert bewegen können. Sie schienen selbstbestimmt zu leben und befreit zu sein von alten Zwängen und bürgerlichen Wertvorstellungen: die Emanzipation erreichte einen ersten, wenn auch kurzen Höhepunkt.
Aus heutiger Sicht stellt sich die Frau der späten Weimarer Republik um einiges konservativer dar, als die "Neue Frau" der frühen und mittleren Zwanziger Jahre. Die "Dame" der späten Zwanziger und frühen Dreißiger Jahre wurde in den Filmstudios von Hollywood kreiert und in den Pariser Haute Couture- Salons eingekleidet: sie war damit Trägerin und Botschafterin einer internationalen Mode.
Vor allem das Aussehen und das Auftreten der Hollywood- und Ufa-Stars prägten das neue Weiblichkeitsbild der Zeit um 1930. Dazu trug auch die Verbesserung der Filmtechnik bei. Die mittels künstlicher Beleuchtung fein nuancierte Modellierung des Gesichtes – und damit seine Ästhetisierung – wurde beispielsweise von Joseph von Sternberg und seiner Entdeckung Marlene Dietrich immer weiter perfektioniert.
Das Kino war zum absoluten Massenmedium geworden, und der Einfluss der Schauspielerinnen als Identifikationsfiguren auf den Zeitstil war groß. Der Weltstar Marlene Dietrich nahm auf die Mode ebenso großen Einfluss wie die bislang populärste Filmschauspielerin dieser Zeit, Greta Garbo. Deren verhaltene Mimik und Beherrschtheit, die ihr die Beinamen "Die Göttliche" und "Schwedische Sphinx" bescherten, aber auch die Art sich zu kleiden und zu schminken, wurden von Tausenden kopiert.
Neben Dietrich und Garbo waren in Deutschland Schauspielerinnen wie Lil Dagover, Lilian Harvey, Elisabeth Bergner oder Brigitte Helm bewunderte Vorbilder für Mode, Make-up und Habitus. Dem Bild dieser Frauen haben sich nicht nur die FotografInnen der Filmstudios, sondern auch KünstlerInnen gewidmet. Ernesto de Fiori porträtierte Marlene Dietrich in einer lebensnahen Büste und Leo von König malte Lil Dagover ganz in der Pose einer glamourösen Filmdiva. Beide Werke werden in der Ausstellung gezeigt.
Eine Malerin, deren Werke ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sein werden, ist Tamara de Lempicka Ihre Bilder stehen formal und inhaltlich ganz im Zeichen des "Hollywood- Glamours". Tamara de Lempicka wagte etwas Neues und stellt in ihren mondänen und unterkühlten Frauenportraits. die "Dame" mit bis dahin für die Malerei unbekannten Stilmitteln dar. Lesen Sie auch unsere Buchrezension zu "Tamara de Lempicka" von Stefanie Penck, erschienen im Prestel Verlag in 2004.
"Die Dame" ist auch der Titel der deutschen Modezeitschrift, die auf die Pariser Künstlerin aufmerksam wurde und ihr die Möglichkeit bot, in der Zeit um 1930 mehrere ihrer Titelblätter zu gestalten. Die wie emailliert wirkenden Frauendarstellungen Lempickas trugen so auch in Deutschland zum neuen Verständnis von moderner Eleganz bei.
Auch die "Elegante Welt" gehörte zu den großen Modezeitschriften, die sich durch hochwertige Aufmachung, qualitätsvolle Beiträge und eine hohe Anzahl von Fotografien auszeichneten. Die Modefotografie dieser Zeit – als "Glamourfotografie" ein eigenständiger Begriff – setzte mit raffinierten Licht- und Schattenspielen ihre Modelle in Szene. In den Magazinen und der Werbung erreichte die Fotografie nun einen ähnlichen Stellenwert wie die Gebrauchsgrafik und erlebte damit ihren ersten Boom. Aber auch Modezeichnerinnen wie Anni Offterdinger, Jeanne Mammen oder Lieselotte Friedlaender arbeiteten auf höchstem Niveau für Modezeitschriften und brauchten den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Die Ausstellung wird eine ganze Reihe ihrer Originalzeichnungen präsentieren können.
Die Mode in den Jahren um 1930 war extravagant und elegant: Fließende Stoffe und raffinierte Schnitte hoben die feminine Seite der Frau hervor, im Gegensatz zu den früheren Zwanziger Jahren waren die Kleider wieder länger und sehr körperbetont. Die Pariser Haute Couture, an der man sich weiterhin stark orientierte, war in dieser Zeit unter anderem von der griechischen Antike inspiriert, was sich in den klassischen und auf das Wesentliche reduzierten Entwürfen deutlich zeigte.
Diese hautengen Kreationen verlangten eine Trägerin, die ihren Körper sportlich geformt hatte: schlanke und geschmeidige Glieder waren die Voraussetzung für ihre optimale Wirkung. Schlank zu sein und Sport zu treiben drückte zu dieser Zeit ein allgemeingültiges Lebensgefühl aus, das Wohlstand, Gesundheit, Beweglichkeit, Schönheit und Anmut ins Zentrum rückte.
So widmet sich ein Ausstellungsbereich dem Thema Sport . Erfolgreiche Sportlerinnen wurden wie zuvor bewundert und standen im Blickpunkt des gesellschaftlichen Interesses. In der späten Weimarer Republik erlangten dann insbesondere jene Frauen Popularität, die in den "eleganteren" Sportarten Tennis, Fechten, Segeln, Golf oder Bogenschießen glänzen konnten.
Leider sind die Arbeiten der Fotografinnen Grete Stern und Ellen Auerbach, die 1929 in Berlin das Werbe- und Portraitstudio "ringl + pit" gründeten und mit ihren Fotografien Erfolg erlangten, nicht in der Ausstellung vertreten.
Weiterlesen:
Ellen Auerbach. Das dritte Auge. Leben und Werk
Drei Fotografinnen. Eine Doku von Antonia Lerch
Glamour! Das Girl wird feine Dame – Frauendarstellung in der späten Weimarer Republik
Georg- Kolbe- Museum
Sensburger Allee 25
14055 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10- 17 Uhr
Mehr Informationen: www.georg-kolbe-museum.de/glamour.html
Partner der Ausstellung sind die Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin sowie die Deutsche Kinemathek mit der Marlene Dietrich Collection Berlin. Wolfgang Joop unterstützt mit einem Werk von Tamara de Lempicka die Ausstellung.
Im E. A. Seemann Verlag erscheint begleitend zur Ausstellung ein umfangreiches Katalogbuch (Hrsg.: Verena Dollenmaier/Ursel Berger) mit Beiträgen u.a. von Werner Sudendorf, Susanne Meyer-Büser und Wolfgang Joop.